Offener Brief zur Jodprophylaxe
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Die Übergabe des offenen Briefes erfolgte am Montag, den 2 Juni 2008. | Die Übergabe des offenen Briefes erfolgte am Montag, den 2 Juni 2008. |
Aktuelle Version vom 21. Mai 2018, 22:07 Uhr
Offener Brief an die
Bundesministerin für Gesundheit
Frau Ulla Schmidt
Heinrichsallee 50-54
52062 Aachen
Sehr geehrte Frau Schmidt,
wie würden Sie die folgende Frage beantworten: „Darf es in Deutschland von Gesetzes wegen erlaubt sein, einen Menschen ohne dessen Zustimmung unheilbar krank zu machen, um einem anderen Menschen eine Krankheit zu ersparen?“
Die Antwort lautet leider: „Ja. Dies ist erlaubt und geschieht in Deutschland tagtäglich.“
Die gesetzliche Grundlage dazu bildet die zweite Jodverordnung vom 12.12.1993 [1] , mit der die Kontamination unserer Lebensmittel mit Jod erlaubt wurde. Man erhoffte sich damit, dem Auftreten von Schilddrüsenvergrößerungen (Struma) vorzubeugen. Schilddrüsenvergrößerungen können auftreten, wenn durch eine unausgewogene und einseitige Ernährung auf Dauer zu wenig Jod mit der Nahrung aufgenommen wird.
In groß angelegten Kampagnen wurde erreicht, dass heute die meisten deutschen Lebensmittel mit Jod kontaminiert sind: jodiertes Salz in den Haushalten, jodiertes Brot beim Bäcker, jodierte Fleischwaren beim Metzger, mit Jod versetzte Fertigprodukte, jodhaltige Nahrungsergänzungsmittel, jodiertes Essen in Restaurants, Kantinen, Pflegeheimen und Krankenhäusern. Das Zusatzjod im Speisesalz und in den Fertigprodukten ist deklarationspflichtig, jodierte Brot- und Fleischwaren sowie jodiertes Essen sind es paradoxerweise nicht. Gibt es bei den genannten Lebensmitteln noch die theoretische Entscheidungsfreiheit, auf Lebensmittel ohne jodiertes Speisesalz auszuweichen, macht eine andere Tatsache diese Wahlfreiheit wieder zunichte:
Seit 1995 wird in Deutschland das Tierfutter flächendeckend jodiert. Dies hat zur Folge, dass fast alle tierischen Produkte wie Fleisch, Eier, Milch und Käse stark mit Jod belastet sind. Durch Düngung unserer Felder mit der Gülle und dem Dung des mit Jod gefütterten Viehes werden dann auch noch die Feldfrüchte mit zusätzlichem Jod belastet. Bio-Produkte sind hiervon nicht ausgenommen. Zwar hat die EU 2005 den Höchstgehalt von Jod im Tierfutter für Milchkühe und Legehennen halbiert [2] , erlaubt ist damit aber immer noch ein Jodgehalt von 12 Jodtabletten in einen Liter Milch [3] (Jodtabletten auf Basis von Kaliumjodid sind übrigens apothekenpflichtig).
Als Folge dieser Maßnahmen hat sich die Jodaufnahme in der Bevölkerung seit 1990 mehr als verdoppelt. Der erwartete Effekt ist dadurch jedoch nicht eingetreten. Zwar sind Schilddrüsenvergrößerungen (diffuses Struma) in Deutschland rückläufig. Auf die Häufigkeit der Schilddrüsenknoten (Knotenstruma) hat die Lebensmitteljodierung jedoch leider keinen Einfluss genommen. Diese sind sogar noch gestiegen.[4]
Stattdessen ist eine neue Krankheit in Deutschland sprunghaft angestiegen: Die Hashimoto Thyreoiditis [5], eine Autoimmunkrankheit der Schilddrüse. Autoimmunkrankheiten treten auf, wenn das Immunsystem eine Reaktion gegen normales Körpergewebe startet. Bei der Hashimoto Thyreoiditis erfolgt der Angriff des eigenen Immunsystems gegen die Schilddrüse. Die beschädigte Schilddrüse ist nicht mehr in der Lage, die lebensnotwendigen Schilddrüsenhormone in ausreichendem Umfang herzustellen. Die Betroffenen geraten in eine Schilddrüsenunterfunktion. In letzter Konsequenz stellt die Schilddrüse ihre Hormonproduktion vollständig ein.
Die Hashimoto ist heute die mit Abstand am weitesten verbreitete Autoimmunkrankheit. Über 10 Mio. Menschen aller Altersstufen sind in Deutschland betroffen, davon größtenteils Frauen [6]. Die Hashimoto Thyreoiditis ist nicht heilbar. Nur die Symptome können durch die Einnahme von Schilddrüsenersatzhormonen behandelt werden. Dank des rapiden Anstiegs der Häufigkeit der Hashimoto-Thyreoiditis hat übrigens das Schilddrüsenersatzhormon des führenden Herstellers Platz 1 der meist verkauften Medikamente erklommen.
Neuere internationale Studien zeigen eindeutig, dass die Zahl der an einer Hashimoto Thyreoiditis Erkrankten in dem Maße ansteigt, wie sich die alimentäre Jodzufuhr in einer Population erhöht. Rechnet man die Ergebnisse einer chinesischen Studie [7] [8] [9] auf deutsche Verhältnisse um, so erkranken in Deutschland jeden Tag über 1000 Menschen durch zu viel Jod in der Nahrung an einer Schilddrüsenunterfunktion [10] . Von Befürwortern der Jodprophylaxe werden die Ergebnisse dieser Studien entweder nicht zur Kenntnis genommen, als unrichtig abgetan oder wie folgt bewertet: „Die Jodierung von Lebensmitteln, die von der Weltgesundheitsorganisation in der gesamten Welt vorangetrieben wird, sollte keinesfalls ausgesetzt werden, es wäre extrem einseitig und unausgewogen, die Vorteile der Jodprophylaxe wegen des einen Nachteils (des Anstiegs der Autoimmunthyreopathien) nicht zu nutzen.“ Wie ist dies mit der medizinischen Ethik und deren Grundsatz "primum non nocere" (das Verbot zu schaden) zu vereinbaren? [11]
Im Artikel 2 unseres Grundgesetzes [12] heißt es zwar: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit"[13] . Der Artikel 2 erlaubt jedoch explizit, dass in diese Rechte auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden darf. Wie kann es in unserem politischen System eigentlich passieren, dass ein Menschenrecht so einfach per Jodverordnung außer Kraft gesetzt werden kann?
Sehr geehrte Frau Ministerin, bitte unterstützten Sie die folgenden Anliegen:
1) Die nach dem Gießkannenprinzip praktizierte Jodmedikation über die Lebensmittel muss beendet werden.
2) Statt dessen müssen Strukturen geschaffen werden, die eine individuelle Vorsorge von Jodmangelerscheinungen erlauben.
3) Die Tierfutterjodierung muss gestoppt werden.
4) Solange die genannten Forderungen nicht umgesetzt sind, muss für alle zusätzlich jodierten Lebensmittel eine Deklarationspflicht eingeführt werden.
Der 4. Punkt wurde zwar Anfang 2007 vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages befürwortet [14] (lediglich die FDP-Fraktion stimmte dagegen), doch passiert ist seitdem nichts.
Des weiteren sollte das Bundesgesundheitsministerium dafür Sorge tragen, dass die Hashimoto Thyreoiditis in der Bevölkerung und insbesondere in der Ärzteschaft bekannt gemacht wird. Der allgemein geringe ärztliche Kenntnisstand führt bei vielen Betroffenen zu einem langen Leidensweg, bevor und auch nachdem die richtige Diagnose gefunden wurde [15]. Fehldiagnosen, falsche Behandlungen und ärztliche Kunstfehler zählen hier leider zur Tagesordnung [16].
Zurück zur Anfangsfrage. Die Antwort darauf sollte doch wohl lauten: "Nein, dies ist natürlich nicht erlaubt, und bei jedem bekanntgewordenen Fall wäre selbstverständlich eine Strafverfolgung gegen den Verantwortlichen eingeleitet worden."
Mit freundlichen Grüßen
Der Brief wurde 540 mal unterzeichnet.
PS: Prof. Dr. med. Hengstmann , Endokrinologe und klinischer Pharmakologe aus Berlin machte uns dankenswerter Weise darauf aufmerksam, dass die in [4] angegebenen Messungen der Struma-Häufigkeit inkorrekt seien, da zum Teil Hashimoto Erkrankungen als Strumen fehl gedeutet wurden. Man kann deshalb davon ausgehen, dass auch die Häufigkeit von Schilddrüsenknoten gesunken ist. Desweiteren hätten Untersuchungen an der FU Berlin gezeigt [17],
dass die Hashimoto Thyreoiditis im Anfangsstadium durch eine konsequent jodarme Ernährung noch heilbar ist.
Die Unterschriftenliste ist jetzt für weitere Einträge geschlossen.
Die Übergabe des offenen Briefes erfolgte am Montag, den 2 Juni 2008.
Der Brief im PDF-Format: http://hl-reuters.de/obus.pdf
Referenzen
- ↑ Zweite Verordnung zur Änderung der Vorschriften über jodiertes Speisesalz
- ↑ VERORDNUNG (EG) Nr. 1459/2005 DER KOMMISSION vom 8. September
- ↑ Prof. Hotze, Newsletter 08/2006
- ↑ Zur Jodversorgung und Belastung mit strumigen Noxen in Deutschland, R. Hampel und H. Zöllner, Ernährungs-Umschau 51 (2004), Heft 4
- ↑ Website Hashimoto Thyreoiditis erstellt von Dr. L. Brakebusch und Prof. Dr. A. E. Heufelder
- ↑ Lothar-Andreas Hotze, Schilddrüse - Mehr wissen besser verstehen, Seite 51, ISBN 978-3-8304-3427-6
- ↑ Effect of Iodine Intake on Thyroid Diseases in China, Weiping Teng et al.,The New England Journal of Medicine June 29, 2006 Number 26
- ↑ Prof. Hotze, Newsletter 16/2006
- ↑ Lothar-Andreas Hotze, Schilddrüse - Mehr wissen besser verstehen, Seite 52 und 91, ISBN 978-3-8304-3427-6
- ↑ Autoimmunthyreoiditis und Hypothyreose - Durch Jod ausgelöste Neuerkrankungen in Deutschland
- ↑ Medizinethik
- ↑ Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, I. Die Grundrechte
- ↑ Das Grundrecht auf Körperliche Unversehrtheit
- ↑ hib-Meldung 048/2007 Jodsalz bei lose abgegebenen Lebensmitteln kennzeichnen
- ↑ Leveke Brakebusch, Armin E. Heufelder, Leben mit Hashimoto Thyreoiditis, ISBN 3-88603-837-8
- ↑ Forum Hashimoto Thyreoiditis und Morbus Basedow
- ↑ Tom Wuchter, Einfluss der renalen Elimination auf die Serumspiegel des nicht hormongebundenen Jods bei Patienten mit Morbus Hashimoto, Dissertation, FU Berlin